Juni
2024
Peru
Lima
Voller Vorfreude schwingen wir uns morgens auf unsere Motorräder, füllen in der Stadt noch unsere Vorräte auf und machen uns auf nach Norden, hin zur Ecuadorianischen Grenze (auch wenn die noch fast 1.500 km entfernt ist). Ein Bergpass am anderen und die Landschaft ist bei diesem herrlichem Wetter wirklich atemberaubend! So fahren wir die ersten hundert Kilometer und genießen die Fahrt.
Kurz vor der Mittagspause, als wir auf dem gut ausgebauten Pass hinunter nach Ayacucho sind, passiert es! Adi hört durch das Headset nur: „Scheiße, mich legt´s jetzt!“. Als Adi in den Spiegel schaut, sieht er schon, wie Nadis Maschine hinter der Kurve das Hinterrad wegrutscht und sie auf der Seite liegend über die Straße schlittert. Die Maschine rutscht einige Meter weit und dreht sich dabei. Nadi kann sich glücklicherweise im richtigen Moment abstoßen und rutscht auf dem Rücken liegend ein paar Meter hinter der Maschine her. Gott sei Dank ist auf der Straße gerade nichts los! Keinerlei Gegenverkehr und hinter uns mit einigem Abstand nur ein Motorradfahrer, der sofort anhält und die Straße nach hinten absichert. Adi dreht sofort um und fährt zu Nadi zurück.
Die steht schon wieder und ärgert sich über sich selbst! „Ich hab’s gewusst! Ich hätte nicht auf diesen schwarzen Streifen fahren sollen!“ Passiert ist ihr nichts, allerdings hatte sie schon mit dem Sturz gerechnet und konnte sich halbwegs darauf vorbereiten. Was so ein paar Millisekunden „Vorbereitung“ ausmachen können. Instinktiv hat sie sich genau richtig verhalten, ist mit dem Motorrad umgekippt und hat sich dann im richtigen Moment abgestoßen, damit das Motorrad sich rutschend von ihr weg bewegt! Das Gepäck und der Sturzbügel haben dafür gesorgt, dass Nadi keinen Schlag auf Beine, Arme oder den restlichen Körper abbekommen hat. Der „schwarze Streifen“ stellt sich als extrem rutschig heraus. Wir vermuten entweder Öl oder Diesel und davon eine ganze Menge. Nachdem Adi sich versichert hat, dass es Nadi wirklich gut geht, heben er und der Motorradfahrer hinter uns, die Maschine von der Straße auf und stellen sie an den Straßenrand. Wir inspizieren den Schaden. So schlimm schaut´s auf den ersten Blick gar nicht aus. Der Kupplungshebel ist an der Sollbruchstelle abgebrochen, kann aber problemlos weiterverwendet werden. Das Schutzblech am Vorderrad ist gebrochen, ist aber eh ein Teil, das nicht zwingend zum Fahren gebraucht wird, also bauen wir es einfach ganz ab. Die Gabel-Verstärkung über dem Vorderrad ist durch das leichte Verdrehen der Gabel gebrochen und muss in der nächsten Stadt ersetzt werden. Die bereits in Argentinien reparierte Plastik-Aufhängung des Instrumententurms ist diesmal wieder und sogar noch ein bisschen weiter gerissen. Das ist ein Fall für Panzertape und Kabelbinder.
Nachdem wir die BMW wieder fahrbereit vor uns stehen haben, machen wir erstmal Mittagspause, essen eine Kleinigkeit und beruhigen uns. Wobei man wohl eher sagen muss: Nadi beruhigt Adi. Der ist viel mehr durch den Wind als Nadi. Der Rutscher hat deutlich spektakulärer ausgesehen, als er war. Sogar die Seitentaschen sind noch voll funktionsfähig und sogar noch wasserdicht! Nur die Außenschicht hat Kratzer abbekommen!
Natürlich ist, wie immer, wenn sowas passiert, Sonntag! Wir binden alles fest, was festgebunden werden kann und Adi macht eine kleine Probefahrt, um bei der BMW die Spur, die Bremsen und das Fahrverhalten zu prüfen. Die Maschine fährt sich immer noch problemlos und die Gabelbrücke hält sowohl bei schnellen Spurwechseln als auch bei Vollbremsungen einwandfrei. Wir beschließen also weiterzufahren. Die nächste Stadt, in der es „Ferreterias“ geben soll, die aber erst morgen wieder geöffnet haben, ist so hässlich und wenig einladend, dass wir beschließen, gemütlich und vorsichtig weiterzufahren und einen Wildcampingplatz auf dem Weg nach Ayacucho zu suchen.
Die Passstraße die wir hierfür nehmen ist, wie so oft in Peru, wieder eine wirklich schöne Strecke. Und wie so oft in Peru, gibt es auch auf dieser Strecke viele Wasserrinnen, die das Waser der Bergbäche über die Straße ableiten. In einer dieser Rinnen rutscht Adi das Vorderrad weg und er schmeißt seine Maschine auf die Seite. Natürlich rupft es auch diesmal gleich den Seitenkoffer weg. Allerdings ist es nicht allzu tragisch. Ansonsten ist rein gar nichts passiert. Da wir die Rinnen immer sehr langsam durchfahren, weil wir genau so etwas eigentlich vermeiden wollen, ist weder am Motorrad noch am Koffer etwas passiert. Allerdings hat Adi jetzt einen riesigen Zorn! „So eine reisenhafte scheiße! Was soll denn das? Reicht einmal auf die Schnauze fallen am Tag denn nicht aus? Können die Kisten nicht mal auf den Rädern bleiben? Wir fahren nie wieder Sonntags! Ich hab keinen Bock mehr auf dieses Geschisse!“, mault Adi lauthals vor sich hin. Dass alle Autofahrer nur langsam an uns vorbeifahren und gaffen, anstatt dass einer anhält und uns hilft, die schwere Maschine, die mit den Rädern die Steigung nach oben liegt, aufzuheben, macht Adi so wütend, dass wir die Honda auch ohne fremde Hilfe zügig wieder aufgestellt bekommen. Wir biegen die Halterungen des Koffers wieder hin und befestigen den Koffer wieder. Dann suchen wir die nächste Möglichkeit zu übernachten und fahren weiter.
Die Einfahrt zu unserem ersten Wildcampingspot in Peru ist recht abenteuerlich, allerdings mit dem Motorrad gut machbar. Oben angekommen, schlagen wir zuerst unser Nachtlager auf, bevor wir kochen und dabei die herrliche Aussicht auf die umliegenden, schneebedeckten Berge genießen.
Am nächsten Morgen fahren wir nach Ayacucho. Von einem Motorradfahrer, den wir in Arequipa kennengelernt haben, haben wir einen Tipp für ein Hostel bekommen. Von dort aus wollen wir dann nach einen Mechaniker suchen, um für die BMW eine neue Gabelbrücke machen zu lassen und die Plastik-Aufhängung es Instrumententurms mal wieder zu reparieren.
Das Hostel liegt mitten in der Innenstadt und Ayacucho ist eine wirklich große Stadt. Dementsprechend chaotisch ist der Verkehr! Wir sind gottfroh, als wir das Hostel endlich erreichen. Allerdings verstehen wir jetzt was Edmund, der Fahrer aus Arequipa, meinte mit: „Die Einfahrt ist etwas spannend.“. Wir dürfen die Motorräder nämlich in das Gebäude fahren. Allerdings müssen wir dazu erst über einen sehr hohen Randstein und dann über die Treppenstufe hoch zur Haustür fahren. Mit der Honda ist das kein Problem, aber bei der BMW könnte es knapp werden mit der Bodenfreiheit… Nach viel rangieren auf der stark befahrenen Straße (zum Feierabendverkehr!), schaffen wir es dann doch beide Maschinen ins Haus zu bekommen. Die nette Besitzerin schiebt sogar extra ein paar Tische und Stühle zur Seite, so dass wir die beiden Motorräder im Speise-Saal parken können.
Am nächsten Morgen kommen wir unverhoffterweise in den Genuss eines Fotoshootings, in dem wir die Models sind. Für die Internetpräsenz des Hostels werden Bilder vom Frühstückstisch, und den frühstückenden Meschen gemacht. Da außer uns niemand im Haus ist, sind das dann wohl wir. Immerhin gibt es deswegen eine ordentliche Portion Brötchen, Avocado, Käse und Aufstrich. Dass die Bilder brauchbar sind, wagen wir allerdings zu bezweifeln. Naja, immerhin haben wir dafür einen sehr schön gedeckten Frühstückstisch bekommen. Wir reden ein bisschen mit der netten Besitzerin und erzählen ihr, dass wir einen Mechaniker brauchen, um die BMW zu reparieren. Daraufhin verschwindet sie und kommt mit einem jungen Kerl wieder, dem die Honda-Werkstatt über die Straße gehört. Er schaut sich die Maschine an und meint, er könnte uns damit helfen, er könne sogar die die Plastikteile reparieren. Wir schieben also die BMW über die Straße und fangen an das Motorrad auseinander zu bauen.
Nach einem dreiviertel Tag sind die Teile wieder geschweißt und die Gabelbrücke ist wieder wie neu. Das Fahrverhalten der BMW ist noch wie vorher, aber wir fühlen uns nun besser mit dem Wissen, dass die Brücke wieder alle vier statt den nur zwei noch nicht ausgerissenen Befestigungspunkten hat.
Am nächsten Morgen fahren wir zeitig los, da wir nun durch diese Aktion erneut einen Tag verloren haben, und nun endlich etwas Strecke machen müssen. Da wir aber ja trotzdem ein bisschen Fahrspaß haben wollen, beschließen wir, eine kleine Bergstraße zu nehmen, die schön kurvig zu sein verspricht. Heute Nacht wollen wir wieder mal wildcampen, da es auf dieser Strecke wohl nicht allzu viele andere Möglichkeiten gibt. Die Strecke ist landschaftlich wirklich sehr schön, auch wenn die Straße stellenweise böse Schlaglöcher und Schotterstellen im Asphalt aufweist.
Als wir die größte Stadt auf unserer heutigen Etappe durchfahren, beschließen wir, außerhalb bald mal Mittagspause zu machen und die Aussicht zu genießen. Doch so weit kommen wir gar nicht. Wenige Kilometer außerhalb sagt Nadi auf einmal: „Adi meine Maschine ist gerade einfach ausgegangen!“. Beim Versuch, sie nochmal zu starten ertönt nur das klassische Klicken, das zu hören ist, wenn die Batterie leer ist. Wir haben die Befürchtung, dass die Batterie beim Sturz etwas abbekommen hat. Auch wenn wir eigentlich keine Säure auslaufen sehen haben…
Wir schieben die Maschine in eine Parkbucht am Straßenrand, bauen die Batterie aus und Adi macht sich mit der Batterie auf in das Kaff, dass wir soeben durchfahren haben, auf der Suche nach einer neuen Batterie.
Nachdem Adi alle Läden der Stadt abgeklappert hat, wird klar: Eine solche Batterie gibt es hier nicht. Die gibt es entweder in Ayacucho oder in Huancayo. Wir sind gerade ziemlich in der Mitte der beiden Städte… Ein netter Motorradmechaniker bietet Adi an, die Batteriesäure aufzufüllen und zu versuchen, die Batterie nochmal zu laden. Nach einer Weile kommt er und meint, dass die Batterie soweit geladen sein sollte, dass die Maschine wieder anspringt. Einerseits ist Adi froh, dass wir die BMW nun hoffentlich zurück in das Dorf bekommen, andererseits kommen nun Zweifel auf, dass die Batterie kaputt ist, wenn sie zu laden war… Wenn die Batterie nicht kaputt ist, kann es entweder ein Kabelbruch sein, oder die Lichtmaschine ist im Eimer. Beides wäre schlecht und in einer Wald- und Wiesenwerkstatt nicht so einfach zu beheben.
Nach zwei Stunden fährt Adi endlich wieder zu Nadi raus und wir bauen die geladene Batterie wieder ein. Und siehe da: Die BMW springt wieder an und wir können in das einzige Hotel des Dorfes fahren und dort ein sehr schönes, neues und mit Abstand das günstigste Zimmer in ganz Peru nehmen. Der sehr, sehr freundliche und hilfsbereite Hotelbesitzer bietet uns sogar seinen abgeschlossenen Abstellplatz für die Motorräder an. Als wir die Maschinen hineinfahren wollen, geht die BMW wieder aus. Da er unser einziger Ansprechpartner in diesem Dorf ist, fragen wir ihn am nächsten Tag, ob er jemanden kenne, der mit einem Transporter oder Kleinlaster in die nächstgrößere Stadt fährt und Platz für ein Motorrad hätte. Er meint, er höre sich mal um.
In der Zwischenzeit schreiben wir mit unserem Kontakt in Lima, der uns rät, wenn möglich die Maschine nach Lima bringen zu lassen. Er könne uns dort helfen sie abzuholen und zu einer Werkstatt zu bringen.
Als wir unseren Hotelbesitzer fragen, ob es eine Möglichkeit gibt, die Maschine direkt nach Lima zu bringen, sagt er: „Klar! Drei Blocks weiter gibt es eine Spedition, die fahren dreimal in der Woche nach Lima. Kommt, ich bringe euch hin.“. Wir sind sprachlos. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass der nette Herr uns begleitet und sogar noch mit der Spedition verhandelt, damit die Maschine schneller und günstiger in Lima ankommt! Aber, wir haben nun einen Abgabetermin für die Maschine in unserem kleinen Dörfchen, Acobamba, für Samstag. Die Maschine sollte dann am Sonntag in Lima ankommen. Das wäre für die Straßenverhältnisse hier echt beeindruckend! Immerhin sind es über 500 km nach Lima und die Passstraßen bis dort sind nicht ganz ohne. Vor allem mit dem LKW.
Wir haben nun also die nächsten drei Tage Zeit, um uns hier in diesem kleinen Dörfchen zu überlegen, wie die Reise weitergeht. Zwar wollten wir Lima eigentlich um jeden Preis vermeiden, aber wie so oft zwingt uns die kleine BMW mal wieder alle Pläne über den Haufen zu werfen… Also sitzen wir abends bei einem oder zwei kleinen Bier im Hotelzimmer und überlegen, wie unsere weitere Reise verlaufen soll. Wir haben nun zum ursprünglichen Plan schon wieder eine Woche verloren. Das heißt, wir müssen noch größere Teile von Peru, Ecuador und Kolumbien auslassen, um es überhaupt noch rechtzeitig nach Cartagena zum Hafen zu schaffen. Und das funktioniert auch nur dann, wenn nichts mehr an den Motorrädern, sei´s BMW oder Honda, kaputt geht. Und ehrlicherweise haben wir langsam das Vertrauen in die Robustheit der BMW verloren. Wenn es auf dem Weg nach oben nochmal zu einem Problem kommt, das wir mangels Ersatzteilen nicht selbst lösen können, wird es wirklich eng. Und eigentlich wollen wir nicht einfach nur durch Ecuador und Kolumbien durchfahren, nur um sagen zu können wir waren da, haben aber eigentlich nichts davon gesehen. Zudem kommt, dass wir gerade noch nicht einmal wissen, ob es überhaupt möglich ist und wie lange es dauern würde die BMW in Lima zu reparieren. Mit einem Motorrad weiter fahren kommt auch nicht mehr in Frage. Dafür haben wir einfach viel zu viel Gepäck. Und Gepäck nach Hause schicken wird richtig teuer. Außerdem hat Adi langsam, aber sicher keine Lust mehr auf den teils wirklich gefährlichen Verkehr in Peru. So entscheiden wir uns nach langem hin und her tatsächlich den Heimweg von Lima aus anzutreten!
Allerdings entscheiden wir im gleichen Zug, die BMW in Peru zu lassen. Da die komplette Front nun gebrochen, verkratzt und verbastelt ist, ist fraglich, ob wir ohne größere Investitionen so in Deutschland wieder fahren dürften. Unabhängig davon wo derzeit das elektrische Problem liegt. Und außerdem sind die Kosten der Verschiffung weit höher als der Restwert des Motorrads. Nach unserer Kalkulation würden wir mehr Geld sparen, wenn wir die Maschine hier verschenken, anstatt sie mit nach Hause zu nehmen. Die Entscheidung ist also gefallen. Auch wenn es sich irgendwie falsch anfühlt.
Die Tage bis zum Versand der Maschine verbringen wir damit, uns in dem kleinen Dörfchen umzusehen. Wir spazieren über den großen Wochenmarkt und essen hausgemachtes Mittagessen, das eine Frau direkt aus den Töpfen in einem Einkaufswagen auf der Straße verkauft, gehen abends für einen Spottpreis typisch peruanisch essen und schauen uns am Nationalfeiertag (Tag der peruanischen Flagge) die Schülerparade an, für die das gesamte Dorf abgeriegelt wurde.
Am Samstag schieben wir Nadis Maschine zur Spedition, wickeln ein bisschen Frischhaltefolie drum und übergeben sie der Spedition zum Verladen. 200 Soles kostet uns der ganze Spaß nun. Umgerechnet 50 Euro. Das ist durchaus noch im Rahmen. Das Gepäck können wir an der Maschine lassen und ebenfalls nach Lima bringen lassen. Als der ganze Papierkram erledigt ist, stiefeln wir zurück ins Hotel, bedanken uns wortreich bei unserem Hotelbesitzer für seine gigantische Hilfsbereitschaft, packen die restlichen Sachen auf die Honda und machen uns ebenfalls auf den Weg in Richtung Lima.
Zum ersten Mal auf dieser Reise reisen wir tatsächlich gemeinsam auf einem Motorrad. Das fühlt sich anfangs für beide noch etwas seltsam an. Nadi muss sich erst wieder daran gewöhnen, hinten drauf zu sitzen und Adi muss sich abgewöhnen, die Schlaglöcher, den Gegenverkehr und die Steine auf der Straße anzusagen, wie er es sonst immer gemacht hat, wenn er vorausgefahren ist. Nach den ersten hundert Kilometern stellt sich aber bei uns beiden wieder das normale Reisegefühl ein, das wir von unseren Urlauben zuhause auf einer Maschine noch gut kennen und wir genießen die Fahrt. Nadi kann zum ersten Mal auch wieder richtig verträumt in der Gegend herumschauen und die Landschaft wirklich genießen, was zuvor beim selber fahren schlichtweg nicht möglich war.
Da die Fahrt nach Lima für einen Tag viel zu lange ist, machen wir einen Zwischenstopp in Conception, einem kleinen Städtchen nahe der Großstadt Huancayo, von der uns fernzuhalten ausdrücklich nahegelegt wurde.
Am nächsten Tag geht es weiter nach Lima. Die letzten 260 Kilometer bis in den Vorort, in dem unser Kontaktmann, Anibal, wohnt und wo er uns ein kleines Hotel mir sicherem Parkplatz empfohlen hat, haben es dann noch einmal in sich.
Die Straße per se ist sehr gut asphaltiert! Muss sie auch sein, da es sich bei dieser Straße um die Hauptverbindung von Huancayo nach Lima handelt. Dementsprechend enorm ist jedoch das Verkehrsaufkommen. Unzählige LKWs, Busse und Pickups, die Personen und Güter transportieren und die teils in Schrittgeschwindigkeit den Pass hochkriechen. Da müssen alle anderen Verkehrsteilnehmer natürlich so schnell wie möglich überholen. Gegenverkehr scheint dabei keine Rolle zu spielen! Und so werden wir auch heute wieder mehrmals Zeuge von Beinahe-Unfällen, die nur und ausschließlich verhindert wurden, weil der Gegenverkehr dankenswerterweise angehalten hat. Auch wir werden dazu gezwungen immer wieder in die Eisen zu steigen oder auf den Seitenstreifen auszuweichen. Wir überholen nur an Stellen, an denen wir wirklich weit sehen können und wissen, dass nichts entgegen kommt. Auf dieser Straße gehen wir lieber erst gar kein Risiko ein! Leider kann man das vom Rest der Fahrer nicht sagen und so wird die Fahrt nach Lima ein extremer Konzentrationstest für Adi und stellt unser beider Nerven auf die Probe. Wir halten öfters mal an, einfach nur um uns wieder etwas zu beruhigen. So haben wir uns unsere letzte große Fahrt in Südamerika nicht vorgestellt!
Adi ist mittlerweile so weit, dass er, wenn wir in Lima lebend ankommen, keinen Meter mehr mit dem Motorrad fährt als irgend nötig! „Und wenn wir jemals wieder nach Lima kommen, dann nur noch mit Panzer!“, mault Adi, als wir endlich das Hostel erreichen. Aber, wir haben die Höllenfahrt unbeschadet überstanden, laden das Motorrad ab und sind überglücklich, dass das Wetter deutlich kühler ist, als wir befürchtet hatten!
Am nächsten Tag gehen wir mit Anibal das Motorrad in der Innenstadt abholen und Adi wird es ganz anders bei dem Gedanken, durch diesen Verkehr fahren zu müssen, wenn er die Honda zur Verschiffung abgeben muss. Das hat allerdings noch etwas Zeit. Auf dem Weg hin und zurück vom Lagerhaus der Spedition unterhalten wir uns mit Anibal über die BMW. Er will wissen, was wir damit alles gemacht haben, was wir verbaut haben, welche Reifen drauf sind und alles Mögliche andere. Die Fahrt hin und zurück dauert insgesamt fast vier Stunden und wir erzählen ihm alles, was wir über das Motorrad wissen, ohne ihm irgendwelche Details zu verschweigen.
Als wir die Maschine im Hostel ausladen und Anibal sich das Motorrad noch einmal bei Licht anschaut sagt er: „Ich glaube ihr habt euren Käufer gefunden! Lasst uns morgen treffen und wir klären den Rest.“
Das ist ja der Oberhammer! Besser hätte es für uns gar nicht laufen können. Anibal kann vielleicht manche der Teile für seine eigene Maschine nutzen und was er nicht braucht, kriegt er unter Umständen verkauft. Und wir müssen die Maschine nun weder reparieren, noch verschrotten, geschweige denn verschenken!
Die nächsten beiden Tage bleiben wir noch in dem Vorort von Lima, gehen zweimal wirklich gut essen, Adi geht zum ersten und letzten Mal auf der Reise zum Friseur und wir organisieren die Sachen für die Verschiffung der Honda.
Dann kommt der Tag der Abgabe. Es fühlt sich wirklich seltsam an, zum letzten Mal dieser Reise den Helm aufzusetzen und auf das Motorrad zu steigen. Doch viel Zeit bleibt nicht, um sich großartig Gedanken zu machen, denn das Uber, in dem Nadi mit dem Großteil des Gepäcks sitzt, fährt los und fügt sich sofort in den limatypischen Verkehr ein. Klar, die Taxifahrer sind einfach nichts anderes gewöhnt! Gott sei Dank hat Adi das Navi mit den Zielkoordinaten dabei. Dem Uber nachkommen zu wollen ist utopisch!
Nach anderthalb Stunden der chaotischsten Fahrt seines Lebens, erreicht Adi die Holzwerkstatt, in der die Kiste für die Honda hergestellt wurde. Mit Hilfe eines Arbeiters der Agentur, die als Partner unserer Spedition in Hamburg die Abwicklung in Lima übernimmt, packen wir das Motorrad auf die Palette, bepacken alles und montieren schließlich die Seitenwände und den Deckel. So einfach und schnell, wie sich das hier anhört geht es natürlich nicht… Ein Typ der für den Zoll die ganze Sache überwacht, ist natürlich auch dabei und stänkert an jedem Gepäckstück herum, das wir mit auf´s Motorrad packen wollen. Im Endeffekt müssen wir alles nochmals umpacken, weil unsere Alukoffer nicht zusätzlich zu den Packtaschen in der Kiste geduldet werden. Der ganze Krempel darin muss in eine Tasche, die auch auf dem Motorrad transportiert werden könnte, wenn die Packtaschen dran sind… So ein Affentheater. Naja, was solls. Irgendwann akzeptiert der Herr unsere Packerei endlich und die Kiste kann verschlossen werden. Wer schonmal selbst eine Holzkiste gebaut hat, fragt sich, wie die Jungs, die diese Kiste gebaut haben, vom Fach sein können. Aber einfach nicht genau hinschauen und hoffen, dass zum Schluss nichts kaputt gegangen ist. Und ehrlicherweise hat sowohl das Motorrad als auch die Ausrüstung darauf schon diverse Stürze, Regen, Salz und alles Mögliche mitgemacht, da wird dieser Transport jetzt auch kein Problem sein!
Wir nehmen uns ein Uber, machen es uns gemütlich auf der Rückbank und lassen uns mit dem restlichen Gepäck zum AirBnB bringen, welches wir für die letzte Woche in Lima gebucht haben. Endlich wieder eine Küche, einen Kühlschrank und die Möglichkeit etwas Aufwändigeres zu kochen, als es die letzten Monate der Fall war. Ein kleiner Vorgeschmack auf zu Hause! Und wenn wir jetzt endlich am Meer sind, wollen wir auch endlich mal gutes Ceviche essen! Darauf freuen wir uns schon die ganze Zeit!
Aber wie immer kommt alles anders. Und so verbringen wir, nach einem sehr unangenehmen Wochenende für Adi, unsere letzten Tage in Südamerika in einem Krankenhaus. Am Donnerstagmittag darf Adi zum Glück wieder gehen, was uns immerhin noch genügend Zeit gibt, um unseren Kram zusammen zu packen. Am Freitagmorgen geht es dann ab zum Flughafen. Wir verabschieden uns mit einem weinenden und einem lachenden Auge von dem Kontinent, den wir die letzten Monate bereisen durften! Dann heißt es „Auf Wiedersehen, Südamerika! Willkommen zurück in Deutschland!“
Für uns geht eine einmalige Reise und ein Lebenstraum zu Ende. Und eines ist sicher, es war definitiv kein Entspannungsurlaub, aber eine Reise, die wir unser Leben lang nicht vergessen werden!
PS: Da wir absolut nichts von Lima gesehen haben, gibt’s davon auch keine Fotos!