Dezember

2023

Chile

Valparaiso

Endlich geht´s los! Mittlerweile sind ja auch wirklich schon einige Jahre ins Land gegangen, seit wir diese Idee mit der Motorradreise durch Amerika hatten… Dementsprechend ist es für uns immer noch schwer zu begreifen, dass wir jetzt tatsächlich hier in Valparaiso sind.

Anfänglich war das Ganze ja auch gar nicht sooooo klar. Irgendwie, könnte man meinen, wollten uns das Wetter und das dadurch entstandene Chaos am Münchner Flughafen und unsere Fluggesellschaft, Air Canada, auf die Probe stellen. Was für uns ein idyllischer, winterlicher Abschied aus dem Allgäu war, hat in München wohl alles überfordert, was mit der Aufrechterhaltung der Infrastruktur des Flughafens zu tun hat. Als wir morgens vor der Abfahrt nach München noch unseren Flugstatus gecheckt haben, stand da: „On Time“. Also auf ins Auto und Abfahrt. In München angekommen, eine neue E-Mail von Air Canada: „Your Flight is cancelled!“. STRESS! „Was mach mer? Fahr mer wieder hoim? Bleib mer doch do?“

Dann, nächste Mail von AC. Wir wurden umgebucht auf die Abflugzeit 9.30 Uhr am selben Tag. Also zweieinhalb Stunden früher als unser ursprünglicher Flug. Zum Glück sind wir so früh am Flughafen. Das sind noch anderthalb Stunden. Vielleicht machbar? Aber wir müssen noch das Gepäck aufgeben, durch den Sicherheitscheck und dann noch zum Gate latschen… und das Boarding beginnt ja bereits eine dreiviertel Stunde früher. Also Beine in die Hand und auf geht´s!

Die Hoffnung es irgendwie rechtzeitig auf den früheren Flug zu schaffen verpufft, als wir endlich den unbesetzten Schalter von Air Canada finden. Hier warten schon viele andere genervt aussehende Reisende. Doch keiner scheint die Situation wirklich zu überblicken. Wir sind ratlos. Von einem der Fluggäste hören wir mit, dass er schon den dritten Tag am Flughafen verbringt. So eine Sch…. . Hoffentlich stranden wir nicht auch noch in Bayern, bevor es überhaupt losgeht!

Eine Stunde später, die nächste Mail von AC. Der Flug verspätet sich um zweieinhalb Stunden, also auf die Abflugzeit, die wir von vornherein gebucht hatten. Der Flug hat allerdings nun eine andere Nummer. Uns doch wurscht, solange er fliegt.

Jetzt macht sogar der Schalter auf und es kommt etwas Leben in den lahmen Haufen aus müden Wartenden. Der Rest ab hier geht problemlos über die Bühne. Kein Stress bei der Gepäckaufgabe oder beim Sicherheitscheck, auch wenn Adi mal wieder die obligatorische Sonderbehandlung bekommt und sein Handgepäck separat scannen und begutachten lassen muss. Die Sicherheitsbeamtin ist allerdings wirklich sehr freundlich und winkt uns recht flott durch. Das Einzige, was sie wirklich interessiert ist, wo es denn in unserer Motorradmontur hingehen soll? Dass das Wetter in Südamerika derzeit besser für Zweiräder geeignet ist, sieht sie voll und ganz ein und wünscht uns eine schöne Zeit und eine gute Reise.

Der Stress, etwas vergessen zu haben oder den Flieger nicht zu kriegen fällt ab. Wir haben alles irgendwie hingekriegt und sind jetzt tatsächlich auf dem Weg in Richtung Chile.

Blick auf die Anden bei Santiago de Chile

Bei schönstem Wetter kommen wir in Santiago de Chile an. Es passt so überhaupt nicht zu den Temperaturen und dem Ausblick nach draußen, dass man im Inneren des Flughafens mit Ammi-Weihnachtsliedern begrüßt wird. Naja, vielleicht gewöhnen wir uns noch dran…

Mit dem Bus geht´s in flotten anderthalb Stunden nach Valparaiso, wo wir in unsere kleine Airbnb Ferienwohnung einchecken. Die Vermieter sind echt nett und geben uns alle Infos die wir erstmal brauchen. Wir gehen noch kurz einkaufen, besorgen Vesper und Sim-Karten für die Handys und nehmen uns fest vor, nur einen kleinen Mittagsschlaf zu machen! Es ist halb fünf abends am Dienstag.

Am Mittwoch um sieben Uhr morgens wachen wir auf. Auch gut. Immerhin rechtzeitig, damit wir um neun Uhr am Hafen sein können, um uns mit Ronny zu treffen, der uns hilft unsere Motorräder aus dem Zoll zu befreien.

Wir treffen uns am vereinbarten Platz und fahren zusammen mit fünf anderen Motorradreisenden zum Hafendepot, wo die Maschinen in einem Lagerzelt auf uns warten. Auf der Fahrt lernen wir Patrick kennen, einen jungen Holländer, der auch mehrere Monate unterwegs sein wird, aber noch einige Zeit in Nordamerika unterwegs sein will. Seine Maschine ist deutlich offroad-orientierter als unsere beiden und als wir ihn darauf anquatschen grinst er nur breit und sagt: „so wenig Asphalt wie möglich!“ Allerdings darf er als einziger unserer Gruppe seine Maschine nicht anfassen. Die muss erst durch die Drogenkontrolle. Patrick sieht das gelassen und meint, das sei bei ihm immer so.

Die Drogenkontrolle beim Rest der Gruppe (ein argentinischer Spanier und insgesamt fünf Deutsche) läuft etwas anders ab. „Haben Sie Drogen dabei?“, fragt der Zöllner. „Nein!“, sagen wir, und damit ist die Kontrolle erledigt.

Jetzt werden die Batterien angeklemmt, die Dokumente bearbeitet und unterschrieben und bald darauf sitzen wir alle (auch Patrick) auf unseren Maschinen und fahren im Konvoi vom Zollgelände zur nächsten Tankstelle.

Hier wird sich voneinander verabschiedet und alle fahren ihrer Wege. Da wir allerdings noch kein Navi am Motorrad haben (irgendwie haben wir die Mutter verloren, die man braucht um die Halterung am Motorrad festzuschrauben) fahren wir den anderen drei Deutschen nach, die dankenswerterweise auch nach Valparaiso rein müssen. Allerdings haben die auch kein Navi und so wird das Ganze zu einer Fahrt frei Schnauze in eine für uns komplett unbekannte Stadt, mit vielen kleinen Straßen, Einbahnstraßen, gepflasterten Straßen und jeder Menge Menschen und Autos, die alle Verkehrsregeln haben, die wir noch nicht ganz durchstiegen haben. Wir fahren nach Valparaiso rein und erkennen sogar die Hauptstraße durch die wir gestern mit dem Bus gefahren sind. Dann biegen wir ein paar Mal auf kleinere Straßen ab und dann wars das mit der Orientierung. Zumindest bei Adi. Unsere drei Reiseleiter fahren munter voraus und es geht nicht allzu lange bis wir an einer Kreuzung stehen und sie aus den Augen verlieren. „Ich glaube die sind rechts rum.“, sagt Adi durch das Headset. Aber Nadi erkennt die Straße auf die wir fahren wollen und merkt an, dass wir links fahren müssen, um dann genau 500 Meter von unserer Haustür entfernt zu sein. Sie hat Recht! Somit ist auch klar, wer für den Rest der Reise die Navigation übernimmt!

Am nächsten Tag machen wir eine Stadtführung mit den Jungs von Tours4Tips. Eine recht junge und sehr motivierte Gruppe von Chilenen, die Stadtführungen durch Valparaiso anbieten, die im Nachgang durch Trinkgeld bezahlt werden. Die Jungs sprechen durch die Bank hervorragendes Englisch! Sehr gut für uns, da unser Spanisch noch nicht besonders gut ist, wie wir beim Mittagessen feststellen mussten.

Der erste Ritt ist erfolgreich überstanden!

Gonzales, der uns beim Empanadas essen angequatscht hat, hat uns gefragt wo wir her kommen und was wir hier machen und hat uns dann sehr viele Tipps gegeben, was wir hier alles machen, essen und trinken können. Glauben wir zumindest. Er hat uns seine Nummer eingespeichert, falls wir mal Hilfe brauchen, oder einen Übersetzer. Mal schauen ob wir den netten Kerl tatsächlich anrufen werden, da wir beide echt Schwierigkeiten hatten, bei seinem rasend schnellen Spanisch überhaupt die Wörter auseinander zu halten. Aber eine sehr nette Geste!

Javier, unser Tour-Guide, ist sehr enthusiastisch und erklärt uns die wichtigsten Eckdaten zu Valparaiso. Er kommt selbst aus der künstlerischen Ecke, weswegen er uns nach dem geschichtlichen Teil der Führung sehr detaillierte Einblicke in die Entstehung und Entwicklung der Graffitis und Murals gibt, für die Valparaiso so bekannt ist. Die Kunstwerke sind wirklich beeindruckend! Teils extrem bunt und comicartig und mit extrem vielen Details versehen könnten wir ewig vor den Mauern stehen und uns in den vielen Farben verlieren. Der Unterschied zwischen Graffitis und Murals wird uns natürlich auch erklärt. Die Murals sind Kunstwerke, die eine politische Botschaft senden, oder eine politische Aussage treffen, wohingegen Graffitis hauptsächlich bunte Verzierungen sind, die zwar auch höchst künstlerisch, aber nicht politisch sind. Aufwändig sind jedoch gar alle dieser Malereien und mitnichten vergleichbar mit dem was wir an Geschmiere aus unseren Städten kennen.

Mural mit den für Valparaiso typischen Dingen und Ereignissen
Nicht nur die Stadtverwaltung wird verschönert,
sondern auch die vielen Wände der kleinen Gässchen

Bei der Stadtführung ist in unserer großen Gruppe nicht ein einziger Chilene oder Spanier dabei. Wie sich nach der Vorstellungsrunde herausstellt, sind die meisten aus der Gruppe tatsächlich aus Deutschland. Trotzdem verwunderlich, dass Nadi nach den ersten Schritten angetippt wird, und gefragt wird, ob sie nicht auch aus Waldkirch komme!?

Niklas, der mit seiner Freundin Marlene unterwegs ist, hat Nadi von früher wieder erkannt. So klein ist die Welt! Zwischen den einzelnen Stationen der Tour unterhalten wir uns gut mit den beiden und lachen viel! Weshalb wir uns kurzerhand dazu entschließen nach der Führung mit den beiden noch gemeinsam in einem süßen Hexenhäuschen direkt im Graffiti-Viertel essen und trinken zu gehen. Danach geht’s noch auf ein paar Bier ins Anfiteatro, einem Bierhaus, das in Blickweite zum Hexenhäuschen, auf der langen Bar- und Kneipenstraße Valparaisos steht. Hier probieren wir auch das typisch chilenische Michelada. Ein Bier gemischt mit Zitronensaft und Salzrand am Glas. Anfangs sind wir noch etwas skeptisch, aber zumindest Adi meint, dass es recht erfrischend ist und man es schon trinken kann. Nadi ist nicht ganz so überzeugt. Immerhin die Größe ist dem Süddeutschen Standard entsprechend! Aber wir werden zukünftig wieder beim normalen Bier bleiben 😊

Niklas und Marlene geben uns noch einen Tipp für ein Bed ´n´ Breakfast, das von Nickis Eltern in Südchile betrieben wird und wir sind guter Dinge, dass wir hier eine echt gute Zeit haben werden und weiter viel zu berichten haben!

Hasta luego a todos!

Chile

Isla de Cachagua

Gestern haben wir unseren ersten kleinen Ausflug außerhalb von Valparaiso unternommen und sind Richtung Norden an der Küste entlang gefahren. Der erste und gleich recht krasse Kontrast ist Viña del Mar, die Stadt mit der Valparaiso mittlerweile ziemlich zusammengewachsen ist, die aber deutlich mehr Geld zu haben scheint. Die Häuser sind um einiges weniger verfallen, die Straßen sind deutlich sauberer und nicht zuletzt die Autos sind sehr viel teurer bzw. neuer und weniger verbeult. Wir entschließen uns jedoch nicht anzuhalten, weil hier Verkehrstechnisch echt die Hölle los ist!

Die nächste, mutmaßlich nicht weniger reiche Station ist Concón. Bekannt für seine riesigen Dünen direkt am Meer, die mehr und mehr umbaut werden. Wir fahren die Straße entlang am Meer bis zu einer Absperrung an der wir anhalten und auf´s Meer glotzen. Die Dünen sind hinter den Hochhäusern von der Straße am Meer aus sehr schlecht zu sehen. Der Randstreifen auf dem wir parken scheint der gleiche Sand zu sein wie die Dünen hinter uns. Beim Befahren des Streifens fängt das Motorrad ordentlich zu schwimmen an und sinkt beim Abstellen mit dem Seitenständer sofort ein. Scheint kein allzu guter Baugrund für die Hochhäuser direkt an den Dünen zu sein.

Ein Kerl auf einem Rennrad hält neben uns und quatscht uns auf Englisch an. Woher wir kommen und wohin wir gehen und wie lange wir bleiben will er wissen. Wir stellen uns gegenseitig vor. Rayman kommt aus Kanada aber lebt in Chile und er erklärt uns auch, weswegen die Straße gesperrt ist. Im Winter hat es zu viel geregnet, weswegen die Dünen teils extrem abgetragen wurden. Dadurch wurde die Straße unterspült und ist eingestürzt. Nun klafft ein riesiges Loch im Asphalt und die Straße ist unpassierbar. Rayman erzählt uns auch, dass die Hochhäuser die sehr nahe der Dünen gebaut wurden seit dem letzten Winter evakuiert sind. Es wurden nicht nur die Straße, sondern auch die Fundamente der nächstgelegenen Hochhäuser unterspült, weswegen diese sich nun langsam, aber sicher zu neigen anfangen. Kein allzu beruhigender Gedanke…  Nach unserem netten Gespräch mit Rayman fahren wir weiter an der Küste entlang Richtung Norden. Vorbei an kleinen, etwas heruntergekommenen, aber nett aussehenden Fischlokalen und Fressständen und dem ein oder anderen Surf-Spot, wo sich massenhaft Leute mit großen Ammi-Pickups tummeln.

Nach einigen Kilometern wird die Straße, die nur wenige Schlaglöcher hat, leerer und leerer und wir kommen zügig unserem Ziel Cachagua näher. Im Reiseführer haben wir gelesen, dass die Insel „Isla de Cachagua“ eine kleine Population an Seelöwen, Pelikanen und Humboldtpinguinen beherbergt. Nach einem kurzen Spaziergang am Strand entlang erreichen wir den Aussichtspunkt, der der Insel und den Tieren erstaunlich nahe liegt. Man kann die Tiere tatsächlich mit bloßem Auge erkennen. Naja, zumindest die Pinguine und Pelikane. Die Seelöwen verstecken sich erfolgreich vor uns.

Die kleine Isla de Cachagua beherbergt mit ca. 200 Tieren etwa 3% der Weltweiten Humboldtpinguin-Population
Es lässt sich leicht erahnen, weswegen die Felsen so weiß leuchten…

Wir beobachten eine ganze Weile die kleinen Pinguine, wie sie ins Wasser hüpfen und wieder raus kommen und auf den weißen Felsen umherwatscheln und die Pelikane, die sich auch auf den Felsen wärmen, die Insel überfliegen oder sich im Wasser das Gefieder waschen. Dass nur ca. 200 Meter von ihnen entfernt die Leute am Strand liegen und in den Wellen planschen und surfen, scheint den Tieren völlig egal zu sein.

Große und kleine Vögel auf einer sehr kleinen Insel

Nachdem wir viel zu viele Fotos von unserem ersten Ausflug gemacht haben, merken wir, dass wir Hunger bekommen und machen uns auf den Rückweg zu den kleinen Fischlokalen an der Küste. Dort essen wir wie es sich gehört eine ordentliche Portion Fisch und Meeresfrüchte.

Nadi grinst und freut sich über unseren kleinen Ausflug: „Die ersten seltenen Tierchen gesehen, check!“ 😊

Chile

Parque National Radal Siete Tazas / Parque Ingles

Die Aufregung ist deutlich spürbar, insbesondere als Nadi ihr Motorrad gleich mal nach zwei Metern noch in der Garage in Valparaiso umwirft. Nix passiert, aber einfach noch nicht ganz routiniert auf der eigenen, voll bepackten und schweren Maschine. Nach ein paar Lockerungsübungen auf dem fahrenden Motorrad (sieht immer witzig aus, wenn man hinterherfährt!) wird das Gefühl für die schweren Eimer gleich mal wieder besser.

Wir wollen hauptsächlich mal ein Stück raus aus Valparaiso, vorbei an San Antonio und dem großen Hafen, Richtung Süden und dort dann in einem kleinen Städtchen namens Pichilemu auf einen etwas abgelegenen Campingplatz. Den Weg dorthin hat Adi mithilfe unseres improvisierten Navis geplant. Ein etwas stabileres Smartphone mit extra großem Akku und der darauf installierten App Osmand. Ein auf Openstreetmaps basierendes System, das echt jede noch so kleine Straße eingetragen hat. Über genau solch eine kleine Straße schickt uns das Navi auch gleich mal. Auf Google-Maps erkennt man, dass der Straßenbelag nicht typisch asphaltfarben aussieht. Scheins eine Sandpiste. Nadi hat zuvor ihr OK für die Route gegeben. Bis zu dieser Stelle sind die Straßen so gut und schlaglochfrei, dass fast schon Langeweile aufkommt. Doch dieser Abschnitt ist nun ziemlich das Gegenteil. Wir biegen auf eine steil nach oben führende Straße ab und schon in der Kurve ist es mit dem Asphalt vorbei. Für Adi ist das kein Problem, aber Nadi schafft es noch nicht einmal ganz um die Kurve, bevor es zum zweiten Umfaller des Tages kommt. Doch beim zweiten Anlauf gelingt es. Nach ein paar Metern wird die Straße, oder besser gesagt Piste, zum Glück auch ein wenig besser. Erst einmal tief durchatmen. Hier kommt auf jeden Fall keine Langeweile auf! Nach einer ganzen Weile auf einer recht gut festgefahrenen Schotterpiste, auf der wir mehrfach von vorbeirauschenden Chilenen überholt werden, biegen wir wiederum auf eine noch kleinere Piste ab. Recht steil um einige Kurven geht es auf der kleinen Sandpiste durch, gefühlt halbmetertiefe, Spur- und Wasserrinnen bergab. Kommentar von Adi: „Die Schlüsselstelle hätten wir geschafft!“. Unten angekommen wird die Straße zu einem engen Weg in den links und rechts die Büsche reinhängen. Der Boden ist deutlich weicher als auf der bisherigen Piste und die Maschinen schwimmen eher, als dass sie fahren. Adi fährt voraus, um Nadi vor möglichen Hindernissen warnen zu können. Es geht eine Weile, bis über das Headset zu hören ist:“ Fuck, fuck, fuck! Dreh um, mich hat´s hingelegt!“ Beim Versuch, schnell umzudrehen, liegt die zweite Maschine fast auch noch im Sand, aber es geht grade nochmal gut… Nicht allzu weit hinten liegt die Rote BMW von Nadi, zum dirtten Mal an diesem Tag, auf der rechten Seite und hat das Vorderrad, ein Bisschen wie ein Vogelstrauß, im Sand eingegraben. Nadi steht daneben und wartet darauf, dass wir zu zweit die Maschine aufheben, ihr ist glücklicherweise bei der niedrigen Geschwindigkeit nix passiert. Ihr Fußbremshebel ist leicht verbogen, aber alles noch dran und problemlos bedienbar, weswegen wir uns entschließen, so weiterzufahren. Kurz bevor wir wieder Asphalt unter den Rädern haben, durchqueren wir noch unseren ersten Bach auf dieser Reise. Jetzt sind die Maschinen sogar wieder sauber :). Naja eigentlich nicht… Der Bach ist eher ein Bächlein und vielleicht gerade einmal 10 cm Tief, aber immerhin!

Unser erster Campingplatz im, wie uns gesagt wird, internationalen Surfer-Hotspot Pichilemu, ist richtig schön und ein kleiner Spaziergang auf den nahegelegenen Hügel belohnt uns mit einer wunderschönen Aussicht über die Getreidefelder aufs Meer und den Sonnenuntergang.

Fast schade, dass wir nur eine Nacht bleiben und am nächsten Tag schon wieder Richtung Berge aufbrechen. Es geht zu unserem ersten Nationalpark „Radal Siete Tazas“.

Der Weg hierher ist gespickt mit Sandstraßen und Wellblechpisten, die wohl abseits der großen Autobahnen und mehrspurigen Straßen im mittleren Streifen Chiles völlig normal sind. Wir müssen uns erst einmal dran gewöhnen, dass alles klappert und wackelt und die Navi-Halterung ständig den Kopf hängen lässt und den Bildschirm des Navis zum Tank statt zum Fahrer dreht. Hätte Adi wohl mal besser nicht am Tape gespart als er die Handyhalterung angebracht hat… Aber mit ein bisschen mehr Klettertape, ein paar Kabelbindern und einem kleinen Holzstock kriegt man ja schon was gebastelt, um die Halterung wieder hochzuhängen.

Der Campingplatz der nationalen Forstbehörde (Corporation National Forestal – CONAF) ist direkt am Eingang zum gebührenpflichtigen Parque Inglés. Der Park erstreckt sich entlang des sehr klaren und kalten Bergflusses Río Claro (woher er den Namen wohl hat?). Dieser hat sich hier über die Zeit tief in das Basaltgestein eingeschnitten und immer wieder tiefe Gumpen geschaffen. An einer Stelle fünf hintereinander und an einer weitern die sieben, von denen der Nationalpark dann auch seinen Namen hat. Unsere Wanderung geht allerdings nicht am Fluss entlang, sondern geht den nächsten Berg hoch, weil man von da aus eine tolle Aussicht auf einen schneebedeckten Vulkan hat! Unser erster und sicher nicht letzter!

Ausblick auf den Vulkan Quizapú

Bei der Aussicht sind sogar die 10 US-Dollar Eintritt pro Nase und Tag schon fast wieder vergessen. Die Chilenen, die uns auf dem Weg begegnen haben laut der Tafel am Eingang jeweils 4000 Pesos bezahlt, ca. 4,20 €. Wir kommen uns etwas verarscht vor, aber was solls, die Landschaft ist der Hammer. Und zu der überraschenden Begegnung mit einer Vogelspinne während des Zähneputzens am Vorabend im Sanitärhäuschen, kommt auf dem Wanderweg noch eine kleine Schlange hinzu, auf die Liste der Tierchen, die wir bisher auf unserer Reise begutachten durften.

Die 5 Tassen und unsere zweite tierische Begegnung

Naja, wobei begutachten dürfen ist für die Vogelspinne (wir haben sie „Fred“ getauft) etwas arg beschönigt. Die unerwartete Begegnung hat einen kleinen Schrecken hinterlassen, woraufhin wir erst einmal nachgeschaut haben, was es in Chile noch so für Krabbelzeug gibt und uns dann dazu entschieden haben, unsere Schuhe und Klamotten zukünftig gründlich auszuschütteln bevor wir reinschlüpfen. Aber warum sollten wir auch alleine in diesem schönen Park sein?

Fred, unsere erste tierische Begegnung beim Zähne putzen

Nachdem wir uns nach dem Parque Inglés erstmals über die Eintrittspreise der restlichen Nationalparks erkundigt haben, beschließen wir doch nicht Jeden der auf unserem Weg in den Süden liegt, zu besuchen, sondern wieder an der Küste entlang gen Süden zu ziehen.

Nun sitzen wir komplett alleine auf einem kleinen Campingplatz direkt am Meer in Puntas del Maule, genießen unser Abendessen bei einem herrlichen Sonnenuntergang und beschließen einen Tag länger hier zu bleiben um unsere nächsten Sationen unserer weiteren Reise zu planen.

Sonnenuntergang auf dem Zeltplatz „Puntas des Maule“

Der nächste große Stopp ist geplant für die Stadt Pucón. Hier kann man wohl den Vulkan „Villarrica“ besteigen. Wir sind gespannt was uns da unten so erwartet!

Chile

Pucón

Die Fahrt nach Pucón ist stinkelangweilig. Wir haben uns entschlossen über die große Autobahn „Ruta 5“ nach Süden zu fahren, um mal ein bisschen Strecke zu machen. Es ist aber wirklich öde… Das ändert sich schlagartig, als der Vulkan „Villarrica“ in Blickweite gerät! Auch wenn er nicht ganz so spitz und auch nicht so wirklich allein dasteht, erinnert er uns irgendwie sofort an den Berg „Erebor“ aus den Hobbit-Filmen.
Nach kurzer Recherche stellt sich heraus, dass der Villarrica der aktivste Vulkan Chiles ist und derzeit durch seine erhöhte Aktivität die Warnstufe Gelb bekommen hat. Nichtsdestotrotz ist die erste Intention beim Anblick dieses rauchenden Buckels: „Ich will da hoch!“.
Wir fahren zu einem sehr kleinen, aber schön schattigen und relativ günstigen Campingplatz ein klein wenig außerhalb des Stadtkerns von Pucón. Wir sind, wie bisher auf jedem Campingplatz, widererwarten die einzigen Gäste weit und breit. Vielleicht auch deshalb begrüßt uns der Besitzer des Platzes so freudig, stellt sich als Salvador vor und erklärt uns wo alles zu finden ist und dass der Platz sowohl warme Duschen als auch WLAN hat! Das ist, wie wir bereits herausgefunden haben, keine Selbstverständlichkeit in Chile. Nach dem Aufbau des Zeltes und unseres restlichen Geraffels gehen wir einkaufen und machen dann eine Runde durch die Stadt, vorbei an den vielen Reisebüros und Adventure-Anbietern, die alle Rafting, Canyoning, Vulkanbesteigungen und vieles mehr anbieten. Man merk gleich, dass Pucón eigentlich eine sehr touristische Stadt ist. Wir gehen erstmal sehr deutsch in die Touri-Info. Dort wird uns gesagt, dass es in der Gegend noch mehr gibt, als nur den einen Vulkan und dass es sich lohnen würde, auch mal einen Blick in die umliegenden Nationalparks zu werfen. Mit dem Bus etwas umständlich, aber mit dem Motorrad über die üblichen Nationalpark-Straßen problemlos zu erreichen.
Nachdem wir anschließend noch drei Agenturen aufgesucht haben, um uns über die Vulkanbesteigung, die man nicht ohne Bergführer machen darf, zu informieren, kommt die nüchterne Erkenntnis: Man darf aufgrund der Warnstufe zur Zeit nicht bis hoch zum Krater… Man kann die Touren zwar trotzdem machen, bekommt auch die komplette Ausrüstung für die „Besteigung“ gestellt, zahlt aber dafür, dass man auf dem halben Weg umdreht und wieder runterrutscht trotzdem stolze 110 bis 120 US-Dollar pro Nase. Wir überlegen kurz und einigen uns darauf, dass wir das Geld lieber versaufen, verfressen oder anderweitig verblödeln, als es für eine Winterwanderung mit anschließender Rutschtellerfahrt zu verschwenden. Stattdessen entscheiden wir uns mal wieder in einen Nationalpark, von dessen höchstem Gipfel aus man den Villarrica und weitere vier Vulkane und noch ein paar tolle Lagunen bestaunen kann, zu gehen. Klingt für uns nach einer (auch finanziell) attraktiveren Alternative! Am nächsten Morgen fahren wir also in den Nationalpark mit dem unaussprechlichen Namen „Huerquehue“. Nach einer guten dreiviertel Stunde Fahrt erklärt uns die nette Park-Rangerin am Eingang, dass der Weg auf den Berg „San Sebastian“ den wir heute gehen wollten wegen des schlechten Wetters in der vorigen Nacht gesperrt sei. Es habe da oben wohl geschneit und es sei zu gefährlich, dort Touris hochsteigen zu lassen. Es gebe aber einen sehr schönen Weg um die tiefergelegenen Lagunen, der auch sehr lohnenswert wäre… So eine Kacke, denken wir uns, aber da wir jetzt eh schon da sind, machen wir halt die Lagunen-Tour. Es stellt sich heraus, dass die nette Dame uns tatsächlich nicht nur vertröstet hat, sondern die Lagunen wirklich schön sind. Hier treffen wir zum ersten Mal außerhalb von Valparaiso auch auf andere Touristen. Die Wege zu den Lagunen sind teilweise sehr eng und führen durch teils dichtes Gestrüpp und über umgefallene Bäume auf dem Wanderweg zu den kleinen und sehr ruhig gelegenen Lagunen. Sehr idyllisch hier! Und ein paar Tierchen sehen wir auf unserem Weg natürlich auch wieder. Unter anderem sogar einen Specht mit leuchtend rotem Kopf, den wir sehr laut und deutlich hören können, bevor wir ihn entdecken.

Wasserfälle und Lagunen säumen den Weg am ersten Tag
im Huerquehue-Nationalpark
Natürlich sind wir auch hier wieder nicht allein!
Der laute Specht an der sonst so ruhigen Laguna Torre
Auf dem Weg liegt auch mal wieder der ein oder andere Baum quer

Wir sind dann doch froh hergefahren zu sein und beschließen Morgen den kostenlosen Teil des Weges auf den Villarrica in Angriff zu nehmen. Als wir wieder am Park-Ausgang sind, fragen wir die Ranger nochmals, wann sie glauben, dass der Weg auf den San Sebastian wieder passierbar ist. Sie können es uns nicht sicher sagen, geben uns aber eine Nummer die wir anrufen sollen, bevor wir losfahren, und sie gäben uns dann Auskunft, ob der Gipfel zu besteigen wäre oder nicht.
Am nächsten Tag, der nächste Dämpfer. Laut Wettervorhersage für den Vulkan Villarrica sollte es heute den ganzen Tag nur Sonnenschein und blauer Himmel geben, doch vor lauter Wolken kann man weder die umliegenden Berge, geschweige denn den Vulkan sehen. Die Wolken hängen wirklich dicht und tief über dem See und der Stadt. Außerdem ist es alles andere als warm! Anscheinend hat es gerade einmal 14 Grad… Der Blick auf den Wetterbericht von Pucón verrät, es soll gegen entweder zwei oder vier Uhr aufklaren und die Sonne zum Vorschein kommen. Wir glauben Pucón will uns verarschen! Wir warten noch eine Weile, in der Hoffnung die Wolken ziehen schneller ab, machen noch zwei, drei Spanisch-Lektionen auf unserer Lern-App und beschließen dann einfach mal loszufahren und zu hoffen, dass die Wolken weg sind bis wir den Fuß des Vulkans erreichen. Dass die Wolken wirklich tief über der Stadt hängen, merken wir nochmals deutlich, als wir auf dem Weg hoch zum Vulkan so richtig in die Suppe fahren. Es wird gleich spürbar kälter und feuchter und wir sind uns nicht sicher, ob wir nicht doch lieber wieder umdrehen sollten. Zum Glück entscheiden wir uns jedoch weiterzufahren. Und siehe da: noch ein paar wenige Kilometer auf der Schotterpiste Richtung Gipfel durchbrechen wir die Wolken vollends und befinden uns bei strahlendem Sonnenschein über dem Wolkenmeer mit Ausblick auf den nahezu wolkenlosen Krater am Gipfel. Der Wetterbericht für den Vulkan hat also doch gestimmt. Wir parken so weit oben wie möglich und wandern los auf dem „Sendero de los Crateres“ zum Aussichtspunkt auf den Vulkan.

Blick auf den Vulkan Villarrica, der heute nur von über den Wolken aus zu bewundern ist.
Der See und die Stadt liegen noch voll in der Suppe.

Der Weg dorthin ist teils bewaldet und teils führt er uns über die nur spärlich bewachsenen Lavazungen, die wie man deutlich sieht, sehr langsam und zäh den Berg hinuntergelaufen sind. Die Formationen sind wirklich beeindruckend. Man sieht, wie die Lava an manchen Stellen nicht mehr völlig über die sich darunter befindenden Hügel gelaufen ist und dementsprechend hat man eine grün bewachsene Fläche, die bis zur Hälfte mit schwarzem Lavagestein überzogen ist. Sieht ein Bisschen aus, wie wenn beim Glasieren einer Torte die Glasur ausgegangen wäre. Je weiter wir den Vulkan hochgehen, desto seltener werden die Bereiche mit den hohen Bäumen die zwar der Lava entgangen sind, aber dennoch voller Flechten hängen und irgendwie aussehen, wie eine weitere Kulisse aus den Herr-der-Ringe Filmen.

Manchmal sieht man den Vulkan durch die lichten Bäume.

Wir haben das Gefühl, dass die kalten Lavazungen über die wir weitergehen, sehr weich sind und irgendwie nachgeben. Als wir uns umdrehen, sehen wir, dass wir oft über tatsächlich hohle oder gar aufgebrochene Bereiche der Lavazungen gelaufen sind, die durch die Gase im flüssigen Zustand aufgeblasen wurden und jetzt teils sehr instabile Hohlkörper darstellen. Glücklicherweise halten uns alle aus. Auch wenn sie bei Adi teils deutlich stärker nachgeben als bei Nadi… Wir laufen bis ans Ende des Weges, bestaunen den stetig vor sich hin qualmenden Vulkan und machen am windigsten Örtchen das wir finden können, unsere Mittagspause.

Auf dem Weg runter nehmen wir noch einen kleinen Stein vom Vulkan als Andenken mit (Vorteil dieses Gesteins ist ja, dass es so wunderbar leicht ist und auf dem Motorrad für nicht allzu viel Gewichtsprobleme sorgt) und freuen uns tierisch darüber, dass wir den Vulkan von so nahem gesehen haben und das noch bei super Wetter!

Wir fahren wieder zurück, gehen auf dem Weg noch einkaufen für den Abend und den morgigen Tag und merken erst als wir schon wieder auf dem Campingplatz angekommen sind, dass wir die Wäsche die wir heute Morgen in die Wäscherei gegeben haben, vergessen haben abzuholen. Natürlich hat diese schon zu als wir versuchen sie doch noch abzuholen. Naja, dann halt morgen. Allerdings erst nach dem wir den San Sebastian bestiegen haben! Laut Aussage der Park-Ranger soll dieser wohl doch tatsächlich den ersten Tag dieser Saison begehbar sein. Also früh raus aus den Federn, damit wir danach, diesmal pünktlich, noch zur Wäscherei gehen können und unser Zeug abholen!

Lange schon ist uns das früh aufstehen nichtmehr so leicht gefallen wie heute! Das Wetter sieht zwar mal wieder nach Suppe aus, aber diesmal sind wir uns sicher, dass es nach ein paar Kilometern Richtung Nationalpark besser aussieht als in Pucón. Wir haben tatsächlich Recht und sind mit eine der Ersten, die sich in das Büchlein am Eingang in den Park zur Wanderung auf den San Sebastian eintragen! Wir haben gelesen, dass die Tour rund 20 km lang sein soll, weswegen wir uns beschließen anfangs ein bisschen Gas zu geben. Der Weg geht, wie für Chile anscheinend üblich, ziemlich gerade den Berg hoch mit nur wenigen Kurven im morgens noch schattigen Wald. Hat immerhin den Vorteil, dass man die Jacke die man unten noch gerne angelassen hat, relativ bald wieder ausziehen kann. Als wir das erste Waldstück verlassen und auf ein savannen-ähnliches Plateau gelangen hat man schon einen gigantischen Blick auf die beiden Vulkane Villarrica und Lánin. Und wir sind gerade erst einmal auf halber Höhe zum Gipfel! Nach einer teils abenteuerlichen Wegführung, bei der sich sogar Nadi unter den Ästen der Bäume auf dem Weg hindurchbücken muss, erreichen wir eine sehr steinige Sektion mit großen Felsformationen. Der Weg hier ist zwar mit grünen Pfeilen und Punkten markiert, aber wirklich gut durchdacht scheint die Wegführung nicht zu sein. Man muss halt irgendwie drüber oder drumrum kraxeln. Sowas lieben wir eigentlich! Doch auf einem recht ebenen Stück mit großflächig sonnenbeschienenen Felsen sehen wir gleich die ganze Großfamilie unseres Freundes „Fred“ aus dem anderen Nationalpark. Die Begeisterung die gesamte Sippe kennenzulernen, hält sich jedoch in Grenzen! Wir machen uns schnell weiter auf den Weg nach oben.

Auf dem Gipfel angekommen belohnt uns eine klare, fast wolkenlose 360°-Aussicht! Wir sind begeistert!

Aussicht auf die Berge und Vulkane im Nordosten.
Blick in die andere Richtung auf den Vulkan Lánin (links), der auf der Grenze zu Argentinien steht
und natürlich wieder der Ausblick auf den Villarrica (rechts), der heute wieder fast ohne Wolken dasteht.

Wir sind auch nicht mehr die einzigen Touris. Auf dem Gipfel trudeln langsam, aber sicher immer mehr Europäer ein. Wir treffen ein älteres Ehepaar aus Holland und eine Deutsche, die mit einem englischsprachigen Freund unterwegs ist. Die beiden Holländer erzählen von ihrer bisherigen Reise. Sie haben die Carretera Austral mit einem Pickup und Dachzelt befahren und raten uns, uns bloß nicht zu beeilen und auch die kleinen Seitensträßchen mitzunehmen. Das sei sehr, sehr schön dort und es gäbe eine Menge zu entdecken. Allerdings sagen sie auch, dass die Straße zwar landschaftlich sehr schön, aber teilweise sehr heftig seien und dass sie glauben, dass unsere Maschinen ganz schön leiden werden. Wir sind mal gespannt, was uns dort erwartet und ob wir tatsächlich jede kleine Schotterpiste auf unserem Weg mitnehmen werden.

Bier und reichlich zu Essen, was will man mehr?

Die deutsche erzählt, dass sie seit insgesamt 13 Monaten unterwegs ist, aber sich erst seit August in Südamerika befindet. Die erste Zeit war sie mit ihrem Mann unterwegs, doch der müsse seit Dezember wieder arbeiten und so reist sie jetzt halt alleine durch die Gegend und will sich noch nicht festlegen, wann sie wieder nach Hause geht. Auch eine interessante Herangehensweise, denken wir uns. Von ihr kommt allerdings ein super Tipp für Argentinien.  Sie rät uns, in Argentinien so viel wie möglich per VISA-Karte zu bezahlen. Bei der Zahlungsmethode bekäme man den besten Wechselkurs, weil der sich sehr nahe am Blue-Dollar befinde. Der Wechselkurs liegt derzeit bei ca. 1€ zu 970 argentinischen Pesos. Wenn wir unbedingt Bargeld bräuchten, sollen wir uns etwas über Western Union schicken und es dann abheben, weil die auch einen Wechselkurs nahe am Blue-Dollar hätten. Geld am normalen Automaten abzuheben sei eine blöde Idee, weil erstens die Gebühren sehr hoch seien, man maximal ca. 50€ abheben könne und auch noch den schlechten Wechselkurs der Argentinier bekäme, der bei ca. 1€ zu 390 Pesos liege.

Nadi bekommt von den netten Holländern noch einen guten Tipp für einen Reiseführer für Patagonien, wir verabschieden uns alle und wünschen uns gegenseitig noch eine gute Weiterreise und weitere tolle Eindrücke und machen uns dann wieder auf den Rückweg den Berg hinunter.

Morgen geht´s nach Argentinien. Unser erster Grenzübertritt mit den Motorrädern. Wir sind gespannt, ob alles reibungslos klappt und was uns in Argentinien dann so erwartet. Wir werden sehen.

Argentienien

Martin de los Andes / Villa la Angostura / Bariloche

Wir fahren etwas zu spät los, um noch sagen zu können: „Wir haben uns beeilt!“. Dafür ist die Straße wirklich so gut, wie uns der Besitzer des Campingplatzes beschrieben hat. Die Straße gleicht einem Schweizer Alpenpass. Bis auf die Aussicht natürlich. Vulkane gibt´s in der Schweiz halt einfach doch nicht. Wir kommen an der chilenischen Grenze an, halten den eher desinteressierten Beamten unsere Papiere hin und sind nach zehn Minuten offiziell aus Chile raus. Wir fahren über die Grenze nach Argentinien und haben sofort Schotterpiste unter den Rädern! Auch davor hat uns der Campingplatz-Besitzer in Pucón gewarnt, aber wir haben ihn ehrlicherweise nicht für voll genommen und dachten das sei eine typische Übertreibung, um zu zeigen, dass Chile etwas besser sei als Argentinien. Naja, er hatte Recht! Die Piste ist ausgefahren und zwischen Schlaglöchern und großen Steinen gibt es ab und zu eine Spur, auf der nicht soooo tiefer Schotter liegt. Die Fahrt dauert dadurch etwas länger, aber wir haben ja auch an der argentinischen Grenze deutlich weniger Zeit gebraucht, als erwartet. Auch hier hat es keine Sau interessiert, was wir dabei haben und womit wir eigentlich unterwegs sind.

Grenzposten Argentinien mit Blick auf den Vulkan Lanin

Einige Kilometer später kommen wir auf eine tatsächlich geteerte Straße. Wir stellen fest, dass wir unsere ersten Meter auf der berühmten Ruta 40 fahren! Jetzt haben wir auch Zeit, um uns etwas umzuschauen. Was sofort auffällt: es ist deutlich trockener, weniger grün und viel, viel staubiger als auf der chilenischen Seite. Um ehrlich zu sein, kommt es uns so vor, als würden wir eher durch Texas als durch Patagonien fahren. Was uns auf dem Weg nach Junin de los Andes auch schnell auffällt: Die Autos in Argentinien sind deutlich älter, kaputter und heruntergekommener als in Chile. Dafür sind die Häuser auf den ersten Blick höherwertig. Hier haben sogar viele Häuser Dachrinnen an den Dächern und Ortgangbretter! Die Prioritäten sind wohl unterschiedlich in den beiden Ländern.

Nachdem wir uns auf dem ersten Campingplatz den wir ansteuern, irgendwie überhaupt nicht wohl fühlen, finden wir in der Nähe von San Martin de los Andes einen kleinen Campingplatz, der von einer sehr herzlichen Argentinierin (Erica) betrieben wird. Sie spricht ein hervorragendes Englisch. Das kommt daher, dass sie mit ihrem Mann vor einigen Jahren auch mit dem Motorrad (Um ganz genau zu sein, demselben Motorrad wie Nadi) von Argentinien bis nach Alaska gefahren sind und in San Francisco stoppen mussten, um zu arbeiten. Der Campingplatz ist einer der schönsten und am besten ausgestatteten die wir bisher gefunden haben. Wir bleiben über Weihnachten hier und machen uns schöne Feiertage.

Blick auf die Bergkulisse hinter dem obligatorischen Windschutz in San Martin
Unser Maskottchen vor der Bergkulisse auf dem Zeltplatz

Ein weiterer Motorradreisender, Robert aus Kalifornien, macht das auch und wir quatschen öfters mal für längere Zeit und tauschen uns aus. Er empfiehlt uns für den Weg nach Norden durch Argentinien die App „Windy“, mit der man die Windgeschwindigkeiten im Land für eine Woche im Voraus beobachten kann. Könnte noch hilfreich werden.

Wir machen eine kleine Wanderung und stellen das Motorrad in San Martin für zwei Stunden neben einem Pickup mit Campingaufbau ab und unterhalten uns mit dem Besitzer des Pickups. Ihm gefällt die große Honda und er zeigt uns stolz ein Bild auf dem Handy, das ihn auf einer Africa Twin zeigt. Das sei allerdings nicht seine, aber es sei sein Traummotorrad! Er wünscht uns einen schönen Tag und wünscht uns viel Spaß beim Wandern. Die Wanderung geht ins Mapuche-Gebiet auf einer kleinen Halbinsel bei San Martin. Leider haben wir kein Bargeld dabei, um den Eintritt zu bezahlen, aber wir dürfen trotzdem weitergehen und die netten Damen wünschen uns viel Spaß. Ein kleines Stück weiter genießen wir den Ausblick auf die jetzt schon deutlich grünere Landschaft als noch 50 km nördlich in Junin.

Die Aussicht vom Mirador am ersten See entlang der Ruta 40

Als wir zurückkommen, steht ein riesiger Safari-LKW vor dem Motorrad und ein Mann sitzt mit seinem Klappstuhl so, dass man fast nicht an das Motorrad kommt. Als er bemerkt, dass die Maschine uns gehört, macht er freundlich Platz und lässt uns durch. Er sagt uns, dass er und der nette Kerl mit dem Pickup das Motorrad und die Helme bewacht hätten. „Ihr seid nicht mehr in Deutschland!“, sagt er und meint, wir sollten die Helme nicht hängen lassen und die Motorräder nicht einfach irgendwo abstellen. Wir sind uns nicht sicher, ob die beiden das Schloss gesehen haben mit denen wir die Helme abgeschlossen haben, beschließen aber ihren Tipp in Zukunft zu beherzigen. Die beiden sind sehr nett und wir verquatschen uns fast zwei Stunden. Die beiden kommen aus Chile und wie fast alle Chilenen warnen sie uns, dass die anderen Chilenen klauen wie die Raben! Bisher haben wir Gott sei Dank nur die Gegenteilige Erfahrung gemacht! Allerdings sagen auch alle, dass das eher ein Problem im mittleren und nördlichen Teil von Chile sei. Man solle einfach nur mit Sinn und Verstand handeln und nichts zu offensichtlich herumliegen lassen. „Gelegenheit macht Diebe!“, sagen uns die meisten die wir treffen.

Nach gemütlichen Weihnachtsfeiertagen fahren wir nach Villa La Angostura. Nadi hat hier eine schöne Wanderung auf eine Insel gefunden, auf der es wohl sehr seltene und beeindruckende Bäume (Arrayanes) gibt. Die Bäume sehen aus, als hätten sie keine Rinde und schimmern rötlich. Die Insel ist ca. 12 Kilometer lang und liegt vier km von unserem Zeltplatz entfernt. Wir laufen hin, da wir die Fähre nehmen wollen, um an das Ende der Insel zu fahren und dann zurücklaufen. Als wir gesagt bekommen, dass die Fähre 22 € pro Person kostet und der Parkeintritt nicht mit inbegriffen ist, entscheiden wir uns auch den Weg hin zu Fuß zu gehen. Der Weg stellt sich jedoch als sehr langweilig heraus. Die Bäume am Ende der Insel sind zwar wirklich schön, aber als wir wieder beim Zelt sind, beschließen wir, dass die Bäume den langen Weg und die Blasen an Nadis Füßen nicht wert waren! Insbesondre deshalb nicht, da wir die Bäume nun überall entdecken. Naja, immerhin haben wir uns die Fähre gespart!

Aussichtspunkt am Anfang der Insel. Da ist noch nicht klar, dass sich der Weg nicht wirklich lohnt!
Diese Bäume stehen auch überall anders auf der Insel.
Der Steg ist allerdings gut gewartet.

Weiter geht’s nach Bariloche. Die Region um die Stadt wurde uns schon im Vorfeld von vielen empfohlen. Und daher wollen wir hier Sylvester und Neujahr verbringen. Wir finden etwas außerhalb einen gemütlichen Zeltplatz, von wo aus wir ein paar kleine Ausflüge machen. Die erste Wanderung führt uns zum Refugio Frey. Einer kleinen Berghütte an einem Bergsee, der durch die umliegenden Schneefelder gespeist wird. Der Weg dorthin führt über kleine Wege und durch steppenartiges Gelände. Das Schild am Eingang des Nationalparks, das erklärt, dass hier Pumas leben, lässt zumindest die Vorstellung zu, dass die Tiere hier tatsächlich unterwegs sein könnten. Wir werden aber wohl keinen Puma zu Gesicht bekommen, da die hunderten Wanderer hier den Viechern wohl eher lästig sind und die sich in ruhigere Regionen verziehen.

Achtung, Puma! If attacked, fight back!
Mussten wir nicht, haben´s ohne Puma nach oben geschafft.
Umwerfend schön hier!

Die nächste Wanderung bringt uns auf den Cerro Lopez. Ein steiler Track, der uns gute 1300 Höhenmeter nach oben bringt und uns eine gigantische Aussicht über die Seen und Berge bei Bariloche beschert! Wie bei den meisten Schildern die besagen, dass in diesem Gebiet seltene Tiere leben, gehen wir nicht davon aus, die hier lebenden Kondore zu Gesicht zu bekommen. Umso erstaunter sind wir, als wir am Gipfel sitzen und zwei dieser riesigen Vögel nur knappe 50 Meter über unsere Köpfe hinweg segeln! Wahnsinn, dass uns die Tiere so nahe kommen.

Cerro Lopez
Erst noch schöne Ausblick-Bilder und dann crashen die Kondore die Party!

An Sylvester treffen wir morgens auf dem Zeltplatz die ersten Deutschen Reisenden, die auch mit ihrem eigenen Fahrzeug unterwegs sind. Die beiden Bochumer, Laura und Adrian, sind mit ihrem ausgebauten Kastenwagen ebenfalls unterwegs in Richtung Süden. Wir setzen uns zusammen, quatschen ewig und beschließen dann, abends gemeinsam zu kochen. Eine super Idee, da wir auf diese Weise zu Ofengemüse kommen, was für uns ansonsten nicht möglich wäre 😊 Außerdem laden uns die beiden ein abends mit nach Bariloche zu kommen, um dort mit zwei Schweizern, die auch mit dem Van unterwegs sind, Sylvester zu feiern. Die beiden Schweizer, Doren und Franz, stellen sich auch als Deutsche heraus, die aber seit mehreren Jahren in der Schweiz leben und wir haben einen feuchtfröhlichen Abend in Bariloche. Nur leider ohne Feuerwerk. Während Doren und Franz in der Stadt ein Unterkunft haben, versuchen wir anderen ein Taxi zurück zum Campingplatz zu kriegen. Buse fahren nachts nicht mehr. Wie wir feststellen müssen, fahren Taxis und Uber nachts aber auch nicht in unsere Richtung, also fangen wir an, den Heimweg zu Fuß in Angriff zu nehmen. Gott sei Dank ist Trampen in Argentinien noch üblich und uns nimmt nachts um 3 jemand mit, als wir verzweifelt unsere Daumen raushalten. Die 14 Kilometer zurück wären sonst wirklich lästig gewesen. Neujahr ist erfahrungsgemäß ruhig, aber immerhin haben wir Zeit uns eine Reiseroute für die nächsten Tage zurechtzulegen. Es soll wieder nach Chile gehen, um dann weiter in den Süden und auf die Carretera Austral zu kommen. Der Grenzübertritt in die andere Richtung soll wohl deutlich weniger entspannt werden, da die Chilenen sehr streng mit der Einfuhr von Lebensmitteln sind. Wir hoffen, dass uns unser Ingwer, die Gewürze, der echt gute Honig aus Pucón, unser Knobi und der ganze Koffer voller Fresszeug nicht abgenommen wird! Um´s nicht komplett drauf anzulegen gibt es morgens vor dem Grenzübertritt noch Käsebrot und heiße Zitrone, um die illegalen Güter noch etwas zu reduzieren. Wir hoffen, dass das als Vorbereitung reicht und werden unser Glück versuchen.

Fahr far reaches